In der Johannizeit entfaltet sich die Natur in all ihrer Pracht. Es grünt und blüht überall, Bienen, Hummeln, Schmetterlinge laben sich an den sommerlichen Wiesen und den Lindenblüten, die Kinder erfreuen sich an Erdbeeren, Himbeeren und Johannisbeeren. Jetzt, wenn die Sonne fast senkrecht am Himmel steht, erleben wir die Zeit des hellsten Lichtes, der längsten Tage, der von Sommersonnenwärme erfüllten Erde.
Der Tag der Sommersonnenwende war in vorchristlicher Zeit ein großes Fest. Die Menschen erlebten das Wirken kosmischer Kräfte sehr intensiv und fühlten sich der Erde, der Tier- und Pflanzenwelt innig verbunden, während sie um das Feuer tanzten. „Die Sommersonnenwende war die Empfangsstunde für die Gaben der Götter.” (Emil Bock)
Mit der Christianisierung begann man an dieser Stelle des Jahreslaufes, am 24. Juni, den Geburtstag Johannes des Täufers zu feiern, der zum Wegbereiter des Christentums wurde. Johanni ist also einerseits ein religiöser Wendepunkt, andererseits ein Umkehrpunkt der jahreszeitlichen Entwicklung.
Heute fällt es uns zunehmend schwer, die Erde von Elementarwesen durchdrungen zu sehen oder gar geistige Welten, die uns entgegenkommen wollen, zuzulassen. Zu häufig meldet sich bei uns Erwachsenen die Stimme der Vernunft. Wie gut, dass wir unsere Kinder haben! „Sie treten in einer Weise mit Steinen, Pflanzen und Tieren in Beziehung, die so persönlich, so von seelischer Zwiesprache durchdrungen ist, dass man sich als Erwachsener daneben arm und ausgeschlossen fühlen kann.“ (Luise Schlesselmann)
Oder man lässt sich auf den besonderen Moment ein und begibt sich mit auf die Reise.
Als die Kindergartengemeinschaft an jenem Freitagnachmittag zusammenkam, ist genau dieses Erleben geglückt. Die Lieder und Reigen, die von Zwergen, Feen, Bienen und der Kraft des Feuers handelten, die wunderschönen Blumenkränze, die konzentrierten, strahlenden Gesichter der Kinder – welche Festtagsstimmung, welch erhebende Bilder und Klänge. Die Königskinder entzündeten feierlich das Johannifeuer und spätestens, als die ersten Funken knisterten, war jeder im wahrsten Sinne des Wortes inspiriert. Mit der Beerenbowle ließen wir uns die reifen Früchte schmecken und zum Abschluss gab jede Familie einen Zettel mit Wünschen in die Flammen.
„Wir können nicht wie die Kinder bleiben und auch nicht ohne eigenes Dazutun wieder im neuen Sinne zu Kindern werden. Aber wir können, gerade in Bezug auf das Johannifest, unendlich viel von unseren Kindern lernen.“
In diesem Sinne denken wir erfüllt zurück an unser gemeinsames Johannifest, an dem uns die Kinder auf wunderschöne Weise mitgenommen haben in ihre beseelte Welt. Und wenn das Sonnenlicht nun langsam wieder abnimmt und die Tage kürzer werden, behalten wir die hellen Eindrücke im Herzen.